Die Infrastrukturplaner
Seit 75 Jahren plant Wälli Infrastrukturbauten und unterstützt bei deren Umsetzung und dem Unterhalt. Ein Dreivierteljahrhundert, in dem das Unternehmen von einem halben Dutzend auf über 200 Mitarbeitende anwuchs und sich geografisch ausdehnte. Andreas Tenger, CEO, und Lukas Wohlwend, Verwaltungsratspräsident, erzählen im Interview, was den Wälli-Erfolg ausmacht.
Andreas Tenger und Lukas Wohlwend, beschreiben Sie Wälli in ganz wenigen Worten …
T: … verlässlich, konstant.
W: … übernehmen Verantwortung und sind vertrauensvoll.
T: … verfügen über grosses Fachwissen, arbeiten zielorientiert und pragmatisch.
W: … sind offen für Neues. Zudem ist bei uns querdenken erwünscht und wir bleiben bescheiden.
Welche Dienstleistungen bietet Wälli heute an?
T: Wir können uns zu Recht als gesamtheitlichen Infrastrukturdienstleister bezeichnen und fühlen uns als solcher. Damit meine ich, dass wir unseren Kunden zu fast allen Fragen einen Lösungsansatz bieten. Das gilt für den Tiefbau, genauso wie für den konstruktiven Ingenieurbau und die Geoinformatik.
Wie kam es dazu, dass Wälli heute so breit aufgestellt ist?
W: Immer schon hat Unternehmensgründer Ernst Wälli auch Bauingenieursdienstleistungen angeboten, weil er früh erkannt hat, dass der Bedarf im allgemeinen Infrastrukturausbau in der Schweiz riesig werden würde. Das begann in den 1960er-Jahren. Ab dann entstanden ganze Siedlungsentwässerungssysteme, von der Liegenschaftsentwässerung über die kommunalen Kanalnetze bis zu den Kläranlagen. Gleichzeitig erfuhr der Ausbau der Verkehrsnetze einen Boom. Angefangen bei den Quartiererschliessungen und Gemeindestrassen und parallel dazu die Staatsstrassen und Autobahnen. Mit dem steigenden Wohlstand bauten die Gemeinden auch die Versorgung mit Strom und Trinkwasser auf einen immer höheren Standard aus. In den 1960er und 1970er-Jahren lag der Fokus bei den Ingenieurbüros oft eher auf dem konstruktiven Ingenieurbau. Ernst Wälli pflegte von Anfang an enge Beziehungen zu den Gemeinden und Kantonen, basierend auf seiner Arbeit als Geometer und der Mandate in der amtlichen Vermessung. So reicherte die Firma Wälli früh die Angebotspalette mit Dienstleistungen im Bereich Tiefbau an. Zusammen mit den Wälli-Statikern ergab dies ein breites Gesamtspektrum. Zudem existierten deutlich weniger Ingenieurbüros, sodass die Nachfrage das Angebot überstieg. Kurt Angehrn, damaliger Leiter der Statikabteilung, erzählte mir, dass er 1983 zum ersten Mal eine Honorarofferte schrieb. Vorher hiess es in den allermeisten Fällen nur: «Könnt ihr das? Habt ihr Zeit? Dann macht es!» Seit der Nachkriegszeit bis in die 1980er-Jahre herrschte, ausgenommen die kurze Phase der Ölkrise, eine Art Goldgräberstimmung im Bausektor.
Heute hat Wälli über 200 Mitarbeitende. Das ist ein erstaunliches Wachstum, wenn man bedenkt, dass Ernst Wälli vor 75 Jahren mit ganz wenigen Mitarbeitenden angefangen hat. Was hat er oder auch diejenigen, die nach ihm gekommen sind, richtig gemacht?
W: Es hat bei Wälli immer auch Mitarbeitende gegeben, die unternehmerisch gedacht haben. Ernst Wälli hat in den 1970er-Jahren ein klassisches Management Buy-Out in die Wege geleitet. Er selbst war ein sehr exzellenter Fachmann, aber nicht unbedingt ein Unternehmer. Er war sich dessen bewusst und hat schon früh die Mitarbeitenden mitentscheiden lassen.
T: Es braucht ja beides. Den Tüftler und Entwickler sowie diejenigen, die den Karren unternehmerisch ziehen. Ernst Wälli hat zum genau richtigen Zeitpunkt das Zepter einer jüngeren Generation überlassen, welche den richtigen Riecher hatte.
Was meinen Sie damit?
W: Die Ölkrise der 1970er-Jahre führte dazu, dass vorübergehend weniger gebaut wurde. Das damals neue Führungsteam entschied sich darum für eine Flucht nach vorn. Es dehnte das Unternehmen territorial aus, weil es im angestammten Markt zu wenig Arbeit gab. So wurden neue Filialen und Niederlassungen gegründet. Und das Unternehmen wuchs auf 65 Mitarbeitende. Später kamen dann auch Akquisitionen dazu.
Welche weiteren Wachstumsfaktoren haben das Unternehmen vorangetrieben?
W: Unter dem Strich war und ist die Bevölkerungsentwicklung einer der grössten Treiber. Wir haben aktuell 9 Millionen Menschen in der Schweiz. Die Infrastruktur hinkt der Bevölkerungsentwicklung immer etwas hinterher. Aber auch die tiefen Zinsen der letzten 20 Jahre haben den Bau angekurbelt und uns so ebenfalls zu Wachstum verholfen. Aktuell übersteigt die Nachfrage beinahe das Angebot.
T: Es ist zudem eine Stärke von uns, dass wir uns frühzeitig mit Trends auseinandersetzen, diese annehmen und schauen, wie wir sie in die tägliche Arbeit integrieren können. So sind wir oft früh mit dabei und es ist wie überall: Wenn Sie Referenzen vorweisen können, haben sie bei den Kunden einen entscheidenden Vorteil.
Die Ingenieure von Wälli sind oft erste Ansprechpartner von Kantonen und Gemeinden. Das ist ein Privileg, das Ihnen zugutekommt, nicht?
W: Ich würde es nicht als Privileg bezeichnen, sondern als einen Vertrauensbeweis unserer Kunden, die mit unseren Leistungen offensichtlich zufrieden sind. So etwas passiert nicht über Nacht. Wir fühlen uns unseren Kunden und Partnern gegenüber verpflichtet, stets seriöse und qualitativ gute Lösungen anzubieten.
T: Ein starkes Standbein, das mit den Gemeinden zusammenhängt, ist die Siedlungsentwässerung. Ab den 1990er-Jahren entstanden die Generellen Entwässerungspläne (GEP). In diesen Projekten beraten wir die Gemeinden über den gesamten Zyklus der Infrastrukturen: Bau, Wartung und Erneuerung.
W: Ein weiterer Meilenstein war der Zuschlag für das Projekt des Autobahnzubringers Arbon. Das war unser Einstieg in den Nationalstrassenbau. Und noch heute ist das ASTRA einer unserer grössten Kunden.
T: Das Entscheidende dabei: Wir betreuen solche Infrastrukturen schon seit vielen Jahren. Wir verfügen über die entscheidenden Kenntnisse. Wir wissen, wie alles entstanden ist, welchen Zweck die einzelnen Bereiche haben und wann welche Entscheide gefällt wurden. Wir wissen auch, welche Elemente für zukünftige Ausbauten vorbereitet sind.
Was hat die Digitalisierung ab den 1980er-Jahren bei Wälli bewirkt?
W: Sie hat unsere Berufsbilder stark verändert. Die ersten digital erfassten Daten – etwa bei der amtlichen Vermessung – gaben einen enormen Schub punkto Genauigkeit und Verfügbarkeit. Die numerischen Grundbuchdaten bildeten eine zentrale Grundlage für das spätere CAD-Zeichnen. Auch die Datensicherung wurde viel einfacher. Früher wurde der Grundbuchkataster auf mit Papier bespannten Aluminiumplatten festgehalten.
T: Und die Einführung des CAD bewirkte eine ungemeine Effizienzsteigerung. Im analogen Zeitalter beschäftigte ein Ingenieur drei Zeichner. Heute ist ein Zeichner in der Lage, die Pläne für zwei bis drei Ingenieure zu fertigen.
Ist es vielleicht auch so, dass der Ingenieur als Mensch per se neugierig ist und immer alles ganz genau wissen will? Dass er darum die neuen Tendenzen und Technologien schnell versteht?
T: Ich bin nicht so sicher, ob sich der Ingenieur per se mit Neuem gern auseinandersetzt. Aber in unserer Organisation treiben wir dies voran. Und wir können es, weil wir genügend gross sind und über Mitarbeitende aller Altersklassen verfügen. Wir haben Junge, die neue Ideen einbringen und die Älteren herausfordern. Die langjährigen Mitarbeitenden wiederum verfügen über viel Erfahrung bei den Prozessen. Das ergibt in der Summe eine gesunde Vorwärtsbewegung.
Welchen Stellenwert nimmt die Ausbildung bei Wälli ein?
T: Bis dato haben wir über 300 Lernende in den Berufen Geomatiker und Bauzeichner ausgebildet. Wir fördern berufsbegleitende Weiterbildungen aktiv und es gelingt uns vermehrt, Ingenieure von den Fachhochschulen für unsere Firma zu gewinnen. Wir erachten es als Vorteil, wenn junge Menschen bereits früh bei uns einsteigen und unsere Philosophie und unseren Spirit erfahren. Mit den Massnahmen leisten wir einen substanziellen Beitrag für den Nachwuchs in unseren Berufen.
Aktuell drehen sich Diskussionen rund ums Bauwesen oft um die Nachhaltigkeit. Wie geht Wälli an dieses Thema heran?
T: Auf zwei Ebenen. Bei Wälli ist die Aussenwirkung um Faktoren grösser als das, was wir intern bewirken können. Als Dienstleistungsbetrieb ist das Potenzial beschränkt: wir haben Büroräume, ein paar Computer und Firmenfahrzeuge, und natürlich schauen wir dabei auf einen möglichst nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und Materialien. Aktuell haben wir gerade ein Dutzend Vermessungsfahrzeuge elektrifiziert.
Und was können Sie gegen aussen bewirken, bei den Bauprojekten, die Sie leiten?
W: Es sind häufig die Normen, die uns dabei Grenzen setzen. Wir können zwar Recyclingbeton einsetzen, aber es gibt dazu noch keine Norm. Darum muss der Bauherr bereit sein, ein gewisses Risiko einzugehen und mitzutragen.
T: Andernorts ist aber schon vieles möglich. Zum Beispiel beim Gewässerschutz. Oder beim Thema ökologische Aufwertung. Da ist unser Einflussbereich grösser. Im konstruktiven Ingenieurbau und im Strassenbau ist vieles von den Vorgaben und Entscheidungen der Bauherren abhängig. Wir können aber jederzeit unsere Vorstellungen und Ideen einbringen und dort, wo wir bereits positive Erfahrungen gesammelt haben, unsere Empfehlungen einbringen, die damit bessere Umsetzungschancen haben.
Wenn wir einen Ausblick wagen, was sind die grössten Herausforderungen für Wälli?
T: Zentral wird sein, genügend passende Arbeitskräfte zu finden. Da werden wir echt gefordert. Weiter gilt es trotz der knappen personellen Ressourcen die Qualität der Dienstleistungen hochzuhalten.
W: Mittlerweile reden wir ja nicht mehr vom Fachkräftemangel, sondern vom Arbeitskräftemangel. Wir wissen, dass aufgrund der demografischen Entwicklung der Schweiz, in den nächsten Jahren weit über 100’000 Arbeitskräfte über alle Branchen verteilt fehlen werden. Wir machen uns keine Illusionen: Es wird uns kaum gelingen, organisch stark zu wachsen.
T: Auch darum legen wir so viel Wert auf die Ausbildung. Und wir bieten unseren Mitarbeitenden zusätzliche Leistungen. Sie werden jährlich am Gewinn beteiligt und Familien erhalten Ende Jahr zu den ordentlichen Kinderzulagen einen ausserordentlichen Beitrag pro Kind. Das praktizieren wir seit über 30 Jahren.
Und wie gehen Sie bei Wälli als Team bei miteinander um?
T: Sehr kollegial. Damit meine ich, wir begegnen uns auf Augenhöhe. Wir leben ein starkes Miteinander und unterstützen uns gegenseitig. Durch das interne Coaching-System ist ein ständiger Austausch vorgegeben. Alle haben die Chance und die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen. Und als Unternehmensleitung setzen wir viel daran, dass jeder und jede innerhalb des Unternehmens eine persönliche Perspektive hat.
Durch die Art unserer Aufgaben – sie sind immer interdisziplinär – arbeiten wir fast immer im Team. Der persönliche und fachtechnische Austausch nimmt bei uns darum einen grossen Stellenwert ein. Wenn er gut funktioniert, sind wir offen und bereit, Wissen weiterzugeben. Und wir halten einen gewissen Druck aus. So können wir zusammenwachsen und vorwärtsgehen.
W: Und bei all unserem Tun ist es wichtig, dass wir dabei immer wieder aufzeigen, was wir mit unserer Arbeit bewirken. Darum nennen wir uns Infrastrukturplaner. Wir haben den gesamten Lebenszyklus unserer Projekte und Objekte im Auge. Wir tun das immer bewusster. Denn alle, ob jung oder alt, wünschen sich eine sinnstiftende Arbeit.